Systemisches Denken in der nachhaltigen Stadtentwicklung bedeutet, die Stadt als ein komplexes, vernetztes System zu verstehen, in dem ökologische, wirtschaftliche und soziale Faktoren miteinander interagieren. Dieser Ansatz erfordert die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen städtischen Subsystemen wie Verkehr, Wohnen, Energieversorgung und Abfallwirtschaft sowie das Verständnis dafür, wie diese Subsysteme die Lebensqualität der Einwohner und die Umwelt beeinflussen.
Der genaue Blick systemischen Denkens
Statt einzelne Probleme isoliert zu betrachten, erfasst systemisches Denken die Stadt als Ganzes. Es berücksichtigt, dass Veränderungen in einem Bereich des Systems (zum Beispiel im Verkehrswesen) Auswirkungen auf andere Bereiche (wie Luftqualität und öffentliche Gesundheit) haben können. Zu den dynamischen Interaktionen innerhalb des Stadt und zwischen der Stadt und ihrer Umgebung gehört es auch, Feedback-Schleifen zu verstehen – also herauszufinden, wo und warum Veränderungen in einem Teil des Systems positive oder negative Rückwirkungen auf andere Teile des Systems haben.
Schon in Planung und Entwicklung werden ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele nicht separat, sondern als interdependente Ziele behandelt, die gemeinsam angegangen werden müssen, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Das entspricht dem Grundgedanken der Nachhaltigkeit – die letztlich auch systemischen Charakters ist, gerade weil sie singuläre (etwas wirtschaftliche) Ziele überwindet.
Systemisches Denken ist “enkelfähig”
Systemisches Denken ist langfristiges Denken. Langfristige Konsequenzen werden gegenüber kurzfristigen Gewinnen priorisiert. Dies bedeutet, zukünftige Generationen in gegenwärtige Entscheidungen einzubeziehen und die Resilienz der Stadt gegenüber langfristigen Herausforderungen wie dem Klimawandel zu stärken. Auch diese oftmals “Enkelfähigkeit” genanntes Ziel ist genuin nachhaltig.
Verschiedene Stakeholder (Regierungen, Unternehmen, Gemeinschaften, Bürger*innen) werden in den Planungsprozess einbezogen. Damit entsteht eine Perspektive, die es ermöglicht, verschiedene Meinungen und Erfahrungen zu berücksichtigen – was zu umfassenderen und akzeptierten Lösungen führt.
Systemisches Denken fördert Managementansätze, die sich an neue Herausforderungen anpassen. Angesichts der Komplexität und Unsicherheit städtischer Systeme müssen Städte fähig sein, sich anzupassen und aus Erfahrungen zu lernen. Systemisches Denken umfasst flexible, experimentelle und lernbasierte Strategien, um auf neue Informationen und veränderte Bedingungen reagieren zu können.
Systemisches Denken in der Verkehrsplanung einer Stadt
Der Verkehrssektor ist Teil des städtischen Ökosystems, in dem Elemente wie Infrastruktur, Umwelt, Wirtschaft und soziale Systeme miteinander interagieren. Daher werden in einer systemisch gedachten Verkehrsplanung nicht nur neue Straßen gebaut, sondern es wird überlegt wie öffentlicher Verkehr, Radfahren und Gehen gefördert werden kann, um Verkehrsstaus zu reduzieren.
Integration und Vernetzung sind Ergebnisse systemischen Denkens und erlauben effiziente und benutzerfreundliche Verkehrssysteme. Das zeigt vor allem die Abstimmung von öffentlichem Nahverkehr, Fußgängerverkehr, Rad- und Automobilverkehr und deren Vernetzung mit städtischen Funktionen wie Wohnen, Arbeiten und Freizeit.
Dabei gibt es keine allgemeingültigen Lösungen: Systemisches Denken berücksichtigt Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Systemen und Akteuren und sucht Maßnahmen, die mehrere Faktoren positiv beeinflussen. Das betrifft insbesondere die nachhaltige Verkehrsplanung und die damit verbundene Auflösung vermeintlicher Zielkonflikte.
Systemisches Denken in der nachhaltigen Stadtentwicklung ermöglicht es, tiefgreifende und dauerhafte Lösungen zu entwickeln, die den wahren Herausforderungen urbaner Systeme gerecht werden und dabei helfen, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.